Freitag, 14. September 2012

Claudia erzählt...


Überglücklich im Ziel……….
Der Plan in Zofingen in den Ring zu steigen ist bereits Ende letzten Jahres gereift. Zur Vorbereitung hatte ich den Halbmarathon in Kandel, den Duathlon in Horst/NL und den Powerman in Falkenstein geplant.
Doch 2012 begann  trainingsmäßig genauso besch…., wie 2011 endete. Zu Beginn des Trainings für Kandel war ich absolut außer Form und fast nicht in der Lage überhaupt mal einen 5erSchnitt zu laufen. Kandel also ohne mich!
Dann Horst…undefinierbare Verletzung der Wade ..ich bin trotzdem gestartet und hab auch gefinisht,  mehr schlecht als Recht, danach war allerdings die Wade hinüber.
Es folgten Arztbesuche, Physio…und dann stand auch schon Falkenstein vor der Tür. Ein Wettkampf in dem ich zwar Deutsche Meisterin in meiner Altersklasse wurde, mit Leistung allerdings nicht wirklich überzeugen konnte. Wie auch? Aufgrund meiner Verletzung hatte ich ein kleines,  recht feines Laufdefizit und so wollte ich mich hier auf meine Stärke das Radfahren verlassen.
Ja, und in Falkenstein lief der erste Lauf über 16 km für das absolvierte Training richtig, richtig gut.  So ein wenig im Höhenflug bin ich dann aufs Rad gewechselt und wollte allen mal zeigen wie toll ich doch Rad fahren kann! Wollte! Der Höhenflug wurde zur Bruchlandung. Den Preis für das ausgefallene Lauftraining und den dafür für mich zu diesem Zeitpunkt viel zu schnellen ersten Lauf habe ich bereits auf dem 2. Radkilometer bezahlt. Unvorstellbare Krämpfe. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich auf dem Rad Krämpfe kriegen könnte, aber ich hatte sie. Und was für welche. Ich musste mehrmals sogar absteigen.  Ich habe über 60 km mit Krämpfen absolviert, wie sich der anschließende Lauf angefühlt hat kann sich jeder ausmalen. Trotzdem war die Zeit akzeptabel und für die Umstände eigentlich ok.
Jetzt konnte ich nur noch in Zofingen endlich mal überzeugen. Mein Training lief problemlos und recht gut. Die Radform war perfekt, die Laufform leider nicht so 100%ig zufriedenstellend. Das Leistungsvermögen vom Jahr davor konnte ich nicht erreichen.  Allerdings wusste ich, dass die Strecke in Zofingen auch andere Anforderungen an mich stellen würde. So habe ich dann auch Bergauf- wie auch Bergabläufe trainiert.  Auch das Koppeltraining wurde etwas anders gestaltet als im Jahr davor. Bergig musste die Radstrecke sein und der Lauf wurde dann im Stadtwald absolviert. Zum Zeitpunkt des Trainings dachte ich noch das wäre im Wald eine anspruchsvolle Strecke! Ha! „Pipifax“ war das gegen Zofingen.
Naja, um jetzt endlich mal auf den Punkt zu kommen:
Wir sind Samstags vorm Wettkampf in die Schweiz gefahren. Hier wollte ich die Strecke mit dem Auto erkunden, die Abfahrten mit dem Fahrrad  mehrmals runter fahren, Frank hätte mich mit dem Auto wieder hoch gebracht. Wäre absolut sinnvoll für mich, denn ich bin mit Sicherheit der „besch…“ Abfahrer den ihr kennt.  Leider war in Zofingen ein unmögliches Wetter. Regen ohne Unterlass und schön kalt war es auch. Also blieb es bei der Besichtigung vom Auto aus. Ich habe mir im Streckenplan Notizen gemacht und mir am Abend wie auch am nächsten Morgen versucht die Strecke etwas einzuprägen.

Und dann war er da, mein großer Tag. Der Wecker klingelte, ich hatte unfassbar gut geschlafen und war bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal nervös.  Was sich allerdings beim Frühstück schlagartig änderte.
Nun ging es auf nach Zofingen zum Check in. Alles lief problemlos und war so perfekt organisiert wie man es sich nur wünschen kann. Das Rad war schnell platziert, die übrigen Sachen bereitgelegt…die Anspannung wuchs, alles da? Nix vergessen? Bin ich zu dünn angezogen? Alle sind am Grübeln was man denn  bei Temperaturen von gerade mal  11 Grad  am besten anziehen sollte. Frank hat mich zum Glück genötigt die Wechselzone flott wieder zu verlassen und mir bestätigt, dass ich mit meinen Ärmlingen gut ausgestatten wäre und wenn mir kalt würde, sollte ich eben bisschen Tempo zulegen!
Ja, und dann ging es auch schon recht schnell los. Wir haben uns Richtung Start bewegt, ist ja keine große Sache, da das Damenfeld eine Stunde vor den Herren auf die Strecke geschickt wurde,  war das Feld doch sehr übersichtlich. Gedränge gab es keines! Ich hatte mir vorgenommen locker zu starten, und den langen Weg, der den ganzen Tag noch vor mir lag, immer im Blick zu haben.
Der Startschuss kam, es ging los und Zofingen hielt, was mir versprochen wurde, es ging direkt mal den Berg hoch..naja….ich lief einfach nach Gefühl, es sollte sich so anfühlen wie mit den Jungs in der  Mittagspause….zu meiner Überraschung war ich nicht das Schlusslicht, so wie ich zuvor vermutet hatte und es läuft sich irgendwo im Feld -allein für den Kopf schon -deutlich entspannter,  wie wenn man weiß, dass  niemand mehr hinter einem ist. Da 2 Runden zu laufen waren kam ich dann ja wieder am Start vorbei, hier ist dann der Duathlon-Beauftragte Nobbe Braun auf die Strecke gesprungen und schreit mich an ich soll bloß nicht so schnell angehen! Ok! Er kennt  mich ja nun mal nur von Holland und Falkenstein! Eine verständliche Reaktion also. Aber ich lief so weiter und bergab konnte ich sogar die eine oder andere überholen. Ein tolles Gefühl. Aber wie bestimmt mehr als 100 mal an diesem Tag kreiste mir der Spruch des Coachs  Heiko im Kopf „HINTEN KACKT DIE ENTE“.
Ich kam lachend und recht entspannt in der Wechselzone an. Jetzt sollte meine Paradedisziplin folgen. Ich kam gut weg, hab auf dem ersten Km 2 oder auch 3 Mädels überholt und dann wurde es einsam. Verdammt einsam. Die Elite war weg, die Schweizer lagen wohl noch im Bett, ab und an ein Streckenposten und ich. Es war kalt. Den Knien war die Temperatur eindeutig zu kalt und die Füße waren bis zur Hälfte auch eingefroren. Egal.
Obwohl das Rad fahren wohl meine Stärke ist, fühlte ich mich nicht so richtig wohl oder besser gesagt ich war unsicher. Ist das schnell genug was ich hier mache? Ist es vielleicht zu schnell? Kann ich dieses Tempo 3 Runden fahren?  Die Hügel fielen mir auch nicht so leicht wie sonst. Teilweise wurde es auch recht steil und meine 28er Tortenplatte war bitter nötig. Dann war ich wieder in Zofingen, endlich Zuschauer, Frank der mich anfeuert…und dann ist man auch schon wieder aus Zofingen draußen. Noch 2 Runden! Es war schwer immer konzentriert zu bleiben. Immer Druck aufs Pedal zu bringen…ich hab mich immer mal wieder dabei erwischt, dass ich mich  in Gedanken verloren hab… , ohne Konkurrenz ist es doch schwerer als ich dachte immer schnell genug  zu fahren….aber dann kam plötzlich etwas Leben auf…endlich was los…die Herren der Kurzdistanz kamen an mir vorbei…zumindest einige…immer schön gebündelt! Hier konnte ich dann immer einige km zumindest in weiter Sichtweite mitfahren…dann kam der schlimmste Berg und die Jungs waren weg…“hinten kackt….“ Ruhig Schlindi denke ich gerade…atmen, treten, treten…und dann fliegen 2 Damen an mir vorbei! Am Berg! An mir! Das kenne ich so nun gar nicht und die beiden waren auch gleich weg, fort, nicht mehr zu sehen, hier  ging mir zum ersten Mal der Arsch auf Grundeis. Bin ich doch sooo lahm unterwegs???
Na ja, der Tag ist noch lang, es kann noch viel passieren, konzentrier dich auf das was Du kannst …. „hinten…..Ente“
Ja, und dann kamen die ersten beiden Männer an mir vorbei. Zack, weg waren sie! Es war nicht mehr weit bis zu den Zuschauern nach Zofingen, noch ein kleinerer Berg und die lange Gerade mit Gegenwind….ich trete kräftig in die Pedale…bin wieder am Start-Zielbereich, Frank steht immer noch brav an der Strecke, ich gebe Signal das alles ok ist….Noch eine Runde….
Wo bleiben eigentlich die restlichen Männer? Nun versuche ich mich damit zu puschen noch so viele Meter wie möglich zurückzulegen bevor  der nächste Mann an mir vorbei kommt. Ich schaffe es tatsächlich bis kurz hinter km 15! Ein unfassbarer Vorsprung den Joerie  Vansteelant  und Rob  Woestenborghs haben!
Ich kann die Verfolger der beiden Belgier einige km in Sichtweite halten, trete richtig rein um sie im Blick zu haben, aber dann kommt schon wieder der steilste Buckel….oh je, der fällt mir richtig schwer! Wenn ich nicht wüsste das es der gleiche Berg ist hätte ich geschworen der ist steiler als die beiden davor!!! Ich muss kämpfen, aber wo es hoch geht, kommt zum Glück ja auch eine Abfahrt.
Und kurz hinter dieser Abfahrt kommt wieder eine Frau an mir vorbei. Grrrrr. Ich will mich nicht abschütteln lassen. Ich halte meinen Abstand und irgendwie ist es mir zu langsam. Also Gas und vorbei. Ein kleiner Hubbel und ich habe Boden gut gemacht.  Irgendwann ist das Mädel wieder da. Hey! So haben wir aber nicht gewettet. Gut denke ich mir. Bin ich wenigstens nicht allein. Also ist mein Plan, ich mit Abstand dahinter, anschließend ich ein paar km vorne und dann mal sehen…“hinten kackt die Ente….“,
Na ja, ich will wieder die Führung übernehmen, treten voll in die Pedale und HILFE!!! Krampf im Oberschenkel. Mir fallen alle meine Sünden gleichzeitig ein und ich hab sofort Falkenstein im Kopf. Nein! Will soll ich hier noch 30 km laufen und dann noch bergig?
Ich reagiere sofort und nehme deutlich raus. Locker Schlindwein, ganz ruhig, verpflegen, Nerven behalten, irgendwie die Krämpfe abwehren, gucken das sie nicht schlimmer werden und mich wie in Falkenstein zum anhalten bringen….
Es klappt, der Krampf geht weg und ich komme tatsächlich in die Wechselzone ohne weitere Zwischenfälle, ich wäre so gerne unter 5 Stunden geblieben, naja, Ziel knapp  verfehlt, was soll‘s….trotzdem gut gefahren!
Als ich allerdings die Laufschuhe anziehen will krampft der Oberschenkel wieder! Aber ich hab einen Schuhlöffel dabei!  Und damit komm ich recht schnell in die Schuhe. Leider vergesse ich meinen Trinkgurt…tja…aus der Wechselzone komme ich ganz gut, die ersten Meter sind auch recht ok, aber dann geht es wieder hoch….das tut weh…und das fühlt sich verdammt langsam an.
Ich kenne die Strecke noch nicht…was ein Glück! Es geht in den Wald und dann nur hoch…hoch, hoch, immer noch hoch und mir kommen die ersten Zweifel. Das schaff ich nie! Ich freue mich als ich endlich das Ende des Berges sehe, die Freude hält nicht lange. Die ersten Meter runter waren um ein hundertfaches schlimmer. Panik. Jo, und so ging es weiter, rauf, runter,  ich bin mir nicht sicher, aber so geradeaus und flach ging es nie wirklich…dann war ich oben auf dem Plateau und hier hatte ich echt Bedenken, ob ich den  richtigen Weg finde, wie im Irrgarten, rot-weißes-Band überall, man konnte nicht falsch laufen, aber kapiert habe ich den Weg bis heute immer noch nicht, ich konnte nicht einordnen,  ob jemand vor mir oder hinter mir ist…ggf. lag es auch an der Erschöpfung? Es ging über Asphalt, dann über Wiese, Rindenmulch…und immer wieder hoch. Und irgendwann war ich wieder im Stadion, hier darf man dann schon mal Zielluft schnuppern, leider nur schnuppern , wenden und das ganze nochmal von vorne. Also wieder hoch…ich kämpfe…und bin dankbar, dass das Wetter, was mir auf dem Rad noch zu kalt war, genauso ist wie es ist. Unvorstellbar wenn hier 30C wären.  Mein Trinkgurt wäre nun Gold wert, da die Verpflegungsstellen doch sehr kurz sind. Alles auf einem Tisch. Da bin selbst ich recht schnell dran vorbei…und vom Becherinhalt landet auch das wenigste da wo es soll…aber ich hab ja Gels dabei…geht schon. Als ich das 2. Mal oben auf dem Plateau bin weiß ich das ich es schaffen werden. WAS für ein unbeschreibliches Gefühl. Ich fange an immer mehr Athleten zu überholen. Keine Ahnung,  ob die ne Runde weniger wie ich haben, ob die von der Lang- oder Kurzdistanz kommen, egal, ich überhole. Viele gehen. Bleiben immer wieder mit  Krämpfen stehen. Laufen an, stehen wieder…Dramen spielen sich ab…und ich laufe immer noch! YES! Hoch sieht bestimmt nicht nach laufen aus, fühlt sich auch nicht so an, aber ich gehe nicht und ich stehe nicht! Und dann kommt der 1. große Moment wo ich eine Frau von der Langdistanz überhole. Berg hoch. In der Kurve 100 Meter später folgt blicke ich zurück und hab richtig Boden gut gemacht. Wie geil! „HINTEN KACKT DIE ENTE“ Ich bin wie im Rausch. Und dann geht es runter und ich lass es krachen. Ich fühle mich stark und schnell. Ermahne mich nicht völlig durchzudrehen…auch wenn es nur noch wenige Kilometer sind, es kann noch viel schiefgehen. Wie oft hatte ich schon Seitenstechen beim runter laufen, ich könnte umknicken, und was wenn ich so kurz vorm Ziel nochmal einen Krampf kriege! Aber ich fliege weiter, ich rase förmlich an Kerlen vorbei, unfassbar…unvorstellbar geil…und dann der nächste Hammer …eine Frau  vor mir,…ich komme  näher, vielleicht noch 3 km bis ins Ziel?!?
Ich bin schneller an Ihr vorbei als ich gucken kann. Boar! Wie geil ist das denn? Ich fühl mich komplett  durchgedreht, es gibt kein Halten mehr , die Emotionen gehen mit mir durch und ich bin 3 km lang Rotz und Wasser am heulen und gleichzeitig am lachen…der absolute Wahnsinn…es waren die tollsten und emotionalsten Kilometer die ich je gelaufen bin und das Glückgefühl und der Stolz beim Überqueren der Ziellinie kann ich nicht in Worte fassen….
Endlich hab ich es geschafft! Und wie! Endlich weiß ich wie es sich anfühlt mit einer guten Leistung nach so vielen Stunden ins Ziel zu kommen, den Lohn für das Training zu bekommen.
YES!YES!YES!
Und ohne mich zu bedanken geht es natürlich auch nicht ab.
Danke an Frank, der jede Menge mit mir mitzumachen hat, sei es mit mir Rad zu fahren und das oft länger, weiter und öfter als er selber eigentlich Bock hätte, oder mich beim anschließenden Laufen mit Getränken zu versorgen, bei den langen Läufen im Wald geduldig und mit Spaß mit dem MTB zu begleiten . Und mich nach meinen Niederlagen und Enttäuschungen wieder aufzubauen und zu ermuntern ist auch nicht immer einfach.
Danke an die super Jungs der MPTG (Mittagspausentrainingsgruppe) die mich immer unterstützen ! Ihr seid unbezahlbar!
Ja, und da wär da noch der Coach, dessen Enthusiasmus und  Spaß am Sport einfach nur ansteckend und motivierend ist, der mir alles beigebracht hat, mir sagt was ich zu tun und zu lassen habe, mich lobt, tadelt…und der bei allen Niederlagen und Totalausfällen immer an mich geglaubt hat und ein Resignieren meinerseits nicht zugelassen hat…danke Heiko…Du bist schuld…jetzt bin ich Weltmeister und DU nicht! *ÄTSCH*



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